Herausforderungen für Betriebe und LehrlingsausbilderInnen

Artikel von Gernot Schneebauer

Was sind die größten Herausforderungen für Betriebe und deren Lehrlingsausbilder:innen in Österreich:

Zuerst einmal schauen wir uns dieses Thema grundsätzlich an, aus einer globalen Sicht:

  • Fachkräftemangel: 

    Viele Betriebe haben Schwierigkeiten, qualifizierte Ausbilder zu finden, da es einen generellen Mangel an Fachkräften in bestimmten Branchen gibt. Dies führt zu einer zusätzlichen Belastung für bestehende Mitarbeiter und kann die Qualität der Ausbildung beeinträchtigen.

  • Finanzielle Belastungen: 

    Die Ausbildung von Lehrlingen ist oft mit hohen Kosten verbunden, einschließlich der Löhne für die Lehrlinge und der Kosten für Lehrmaterialien und Ausbildungsressourcen. Kleinere Betriebe finden es besonders schwierig, diese Kosten zu tragen.

  • Anpassung an technologische Entwicklungen: 

    Die schnelle Entwicklung neuer Technologien erfordert kontinuierliche Weiterbildung der Ausbilder und Aktualisierung der Lehrpläne. Betriebe müssen in neue Technologien investieren und ihre Ausbilder entsprechend schulen, was zeit- und kostenintensiv sein kann.

  • Rechtliche und administrative Anforderungen: 

    Die Einhaltung der vielfältigen gesetzlichen, administrativen und bildungsspezifischen Vorschriften kann für Betriebe, besonders kleine und mittelständische Unternehmen, eine Herausforderung darstellen.

  • Qualitätssicherung der Ausbildung: 

    Die Sicherstellung einer konstant hohen Qualität der Ausbildung und die regelmäßige Bewertung des Lernerfolgs sind entscheidend. Betriebe müssen wirksame Bewertungssysteme und Feedbackmechanismen implementieren, um die Ausbildungsziele zu erreichen.

  • Motivation und Bindung der Lehrlinge: 

    Die Motivation der Lehrlinge aufrechtzuerhalten und ihre Bindung an das Unternehmen zu sichern, ist eine weitere Herausforderung. Betriebe müssen attraktive Lernumgebungen und Karriereperspektiven bieten, um die besten Talente anzuziehen und zu halten.

Diese Herausforderungen erfordern eine sorgfältige Planung und Ressourcenallokation seitens der Betriebe sowie eine kontinuierliche Unterstützung durch politische Maßnahmen und Bildungsprogramme. Das ist schon eine ganze Menge, was Unternehmen berücksichtigen müssen, wenn ihnen die Qualität der Lehrlingsausbildung wichtig ist. Jetzt kommt aber noch die zusätzliche Challenge mit den neuen Generationen.

Inwiefern spielen bei diesen Herausforderungen die Merkmale und Eigenschaften der neuen Generationen (Z und Y) eine Rolle?

Die neuen Generationen spielen eine besondere Rolle, vor allem in Bezug auf Motivation, Lernstile und Erwartungen. Hier sind einige spezifische Aspekte, wie diese Generationen die Ausbildungsdynamik beeinflussen:

  • Technologieaffinität:

    Generationen Y und Z sind mit digitalen Technologien aufgewachsen. Sie erwarten, dass Technologie integraler Bestandteil ihrer Lernumgebung ist, was Betriebe dazu zwingt, ihre Ausbildungsmethoden und -werkzeuge zu modernisieren, um effektiv zu bleiben.

  • Werte und Erwartungen:

    Diese jüngeren Generationen legen großen Wert auf Sinnhaftigkeit in ihrer Arbeit und streben nach Positionen, die ihnen nicht nur finanzielle Sicherheit, sondern auch persönliche Erfüllung bieten. Betriebe müssen daher nicht nur Ausbildungsplätze, sondern auch Karriereperspektiven bieten, die mit den Werten der Lehrlinge übereinstimmen.

  • Feedback und Anerkennung:

    Millennials und die Generation Z bevorzugen regelmäßiges Feedback und Anerkennung, was bedeutet, dass Ausbilder lernen müssen, kontinuierliches und konstruktives Feedback zu geben, um die Motivation und das Engagement der Lehrlinge zu fördern.

  • Work-Life-Balance:

    Die Bedeutung einer ausgewogenen Work-Life-Balance ist für diese Generationen höher als für frühere. Flexible Arbeitszeiten und ein angenehmes Arbeitsumfeld sind wichtig, um junge Menschen anzuziehen und langfristig zu binden.

  • Lernstile:

    Generation Z, insbesondere, bevorzugt schnelle, visuelle und interaktive Lernmethoden. Traditionelle, stark strukturierte und passive Lernumgebungen könnten daher weniger effektiv sein. Betriebe müssen innovative und abwechslungsreiche Lernansätze anbieten, die aktivierende und handlungsorientierte Elemente beinhalten.

  • Veränderungsbereitschaft und Vielfalt:

    Die jüngeren Generationen sind oft vielfältiger und inklusiver in ihrer Denkweise und erwarten dies auch von ihren Arbeitsplätzen. Unternehmen müssen kulturelle Vielfalt und Gleichberechtigung in ihren Ausbildungsprogrammen fördern, um diese Lehrlinge anzusprechen und zu halten.
    Die Berücksichtigung dieser Eigenschaften kann dazu beitragen, die Effektivität der Lehrlingsausbildung zu verbessern und sicherzustellen, dass sie den Bedürfnissen und Erwartungen der neuen Generationen entspricht. Unternehmen, die diese Aspekte in ihre Ausbildungsstrategien integrieren, können nicht nur die Qualität ihrer Programme steigern, sondern auch die Zufriedenheit und Loyalität ihrer Lehrlinge erhöhen.


Welche Fähigkeiten benötigen die Lehrlingsausbilder aktuell und für die Zukunft?

  • Technologische Kompetenz:

    Ausbilder müssen sich mit den neuesten Technologien und digitalen Tools vertraut machen, die in ihrer Branche verwendet werden. Dies umfasst nicht nur Fachwissen über die Werkzeuge selbst, sondern auch die Fähigkeit, diese Kenntnisse effektiv zu vermitteln.

  • Pädagogische Fähigkeiten:

    Gute pädagogische Fähigkeiten sind entscheidend, um Lerninhalte effektiv zu vermitteln. Dies beinhaltet Kenntnisse in Didaktik, die Fähigkeit, Lehrpläne zu entwickeln und anzupassen, sowie Methoden zur Bewertung des Lernfortschritts.

  • Kommunikationsfähigkeit:

    Starke verbale und nonverbale Kommunikationsfähigkeiten helfen, Informationen klar und verständlich weiterzugeben und sind essentiell für den Aufbau einer positiven Lehr- und Lernumgebung.

  • Interkulturelle Kompetenz:

    Da die Arbeitswelt immer vielfältiger wird, ist es wichtig, dass Ausbilder interkulturelle Kompetenz entwickeln, um effektiv mit Lehrlingen aus unterschiedlichen kulturellen Hintergründen interagieren zu können.

  • Empathie und emotionale Intelligenz:

    Empathie ermöglicht es Ausbildern, die Bedürfnisse und Herausforderungen ihrer Lehrlinge zu verstehen und angemessen darauf zu reagieren. Emotionale Intelligenz fördert ein positives Klima und hilft, Konflikte effektiv zu managen.

  • Anpassungsfähigkeit und Flexibilität:

    Die Fähigkeit, sich schnell an Veränderungen im Bildungssystem oder in der Industrie anzupassen, ist entscheidend, besonders in schnelllebigen Branchen.

  • Führungsqualitäten:

    Ausbilder fungieren oft als Vorbilder. Starke Führungsqualitäten sind notwendig, um Lehrlinge zu motivieren und zu führen, insbesondere in herausfordernden oder komplexen Projekten.

  • Lebenslanges Lernen:

    Um Schritt mit den ständigen Veränderungen in der Technologie und Methodik zu halten, ist es wichtig, dass Ausbilder sich kontinuierlich weiterbilden und neue Lehrmethoden und Techniken erlernen. Diese Fähigkeiten helfen Lehrlingsausbildern nicht nur dabei, ihre aktuellen Aufgaben effektiver zu bewältigen, sondern bereiten sie auch auf zukünftige Entwicklungen in ihrer Rolle vor.

Zusätzliche Herausforderungen:

Was wir seit einigen Jahren bei den Lehrlingen stark beobachten, sind folgende zusätzliche Entwicklungen:

  • Die Anzahl der Scheidungskinder steigen. Dies macht mit den Jugendlichen mehr als man als Erwachsener vermutet.
     
  • Die Jugendlichen sind immer orientierungsloser, suchen ihre Identität – finden sie aber oft nicht. Weder in der Familie noch in der Arbeit.
     
  • Neue Drogen sind am Vormarsch, leicht zu bekommen und haben schwere Auswirkungen, z.B. Schmerz- und Beruhigungsmittel wie Benzos


Was sagen die Ausbildner:innen:

Wir haben pro Jahr ca. 400 Menschen im Bereich der Lehrlingsausbildung bei unseren Seminaren. Wenn wir mit diesen über obige Themen sprechen, kann man deren Herausforderung in wenigen Sätzen zusammenfassen:

  • Unternehmenskultur: Selbst, wenn wir alles können würden und am Schirm haben, oft ist die bestehende Unternehmenskultur sehr hinderlich
  • Hauptpunkt dabei ist die Unterstützung der Kolleg:innen in der operativen und inhaltlichen Ausbildung (Leben der Ausbildungspläne)
  • Fehlende Zeit und Rahmenbedingungen bzw. zu stark im operativen Job tätig. Dadurch bleibt wenig Luft, sich wirklich um eine qualitative Lehrlingsausbildung zu kümmern
  • Wir haben nicht die notwendige Ausbildung in sozialer- und pädagogischer  Kompetenz, die notwendig wäre, um mit all diesen Herausforderungen professionell umgehen zu können

 

 

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